30. Oktober 2024 | Geschichte

Auf die Anfänge geschaut – Teil 15

Die ersten Tage und Wochen nach dem Mauerfall waren für uns von starken Gefühlen durch die neugewonnene Freiheit und die Begegnungen mit Menschen, von denen wir Jahrzehnte getrennt waren, geprägt. Schon am 7. Dezember 1989 gab es nicht nur in Adlershof einen „Runden Tisch“, an dem Vertreter der Regierung und der Bürgerbewegung saßen. Die Moderation übernahm Pfarrer Jürgen Huhn. Ebenfalls waren Vertreter von unseren drei FeG-Gemeinden mit dabei.

1990, im neuen Jahr, gab es Anfang Februar ein großes Treffen unserer Bundesleitungen aus Ost und West in der Moabiter Gemeinde. Am Schluss dieses Treffens gab es eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit.

Die Suche nach einem neuen Pastor war in der Zwischenzeit erfolgt. In der Frühjahrsgemeindestunde wurde mitgeteilt, dass Bernhard Oertel aus Gera im Herbst nach Adlershof kommt, aber sein Studium noch beenden muss. Und die Gemeinde in Zossen hatte Roland Will berufen.

Bernhard Oertel, Gemeindepastor von 1990 – 1993

Auf unserem Nachbargrundstück hatte die Neuapostolische Kirche mit Tiefbauarbeiten für eine neue Kirche begonnen. Im Zuge des Mauerfalls kam Billy Graham im März aus den USA nach Deutschland, um hier in Berlin am Reichstagsgebäude zu evangelisieren. Auch unsere Verbindungen in die Niederlande waren nun leichter zu nutzen. So kam der Generalsekretär Bert Louwerse zu einer Kreis-Mitarbeitertagung nach Adlershof.

Der 13. April 1990 war für uns ein besonderer Höhepunkt. Nach 30 Jahren gab es in der Gemeinde in Moabit zu Karfreitag einen gemeinsamen Gottesdienst mit allen Gemeinden aus Berlin und Umgebung. Auch die Berliner Evangelische Allianz wollte die Gelegenheit nutzen, um in vier Berliner Bezirken zu evangelisieren. Köpenick, unser Nachbarbezirk, war mit eingeplant. Dort hatte Roland Will mit unserer Jugend einen Einsatz und verteilte Einladungen.

Nun setzte eine Besuchswelle in der „Noch-DDR“ ein, sodass wir von einem „Jahr der Begegnungen“ reden konnten. Zuerst kamen amerikanische Missionare, die eine Studienreise durch die DDR vorhatten. Und dann kamen die Schweden mit einem Posaunenchor und gestalteten bei uns einen Gottesdienst. Am 1. Juli 1990 fand der Umtausch der Währung statt und wir bekamen die D-Mark.

Am selben Tag hatten wir auch einen Gottesdienst mit Gästen aus der indonesischen Gemeinde der FeG Moabit, die ihre Instrumente mitbrachten. Etwas später besuchten uns 50 Personen aus Südschweden und im August kam eine größere Gruppe aus einer FeG in Finnland. Mit beiden erlebten wir interessante Gemeindeabende.

Am 2. September hatten wir schließlich die Pastoren- Einführung mit Bernhard und Gabriele Oertel und ihren Kindern. Ein amerikanischer Pastorenchor der „Free-Church“ besuchte uns mit ca. 60 Personen. Sie machten eine Konzert- Tournee und wollten hier in Berlin ein Konzert geben. Es wurde vereinbart, dass sie in der Verklärungskirche auftreten. Unsere Räumlichkeiten waren dafür zu klein. Und dann gab es am 3. Oktober den großen „Staatsakt“. An diesen Tag hörte die DDR auf zu existieren, und wir wurden ein Land!

Den Abschluss des Jahres bildete ein Sonderbundestag am 15. Dezember 1990 in unserer Gemeinde. Die Delegierten beschlossen feierlich die Auflösung des „Ost-Bundes“ zum 31. Dezember. An diesen Tag musste Johannes Schmidt plötzlich ins Krankenhaus. Von dort aus schickte er einen schriftlichen Gruß an den FeG-Bundestag. Der nun gemeinsame Bundesvorsteher Karl Heinz Knöppel leitete die Abendmahlsfeier. Danach folgte eine bewegende Gebetsgemeinschaft, in der wir unseren Dank Gott gegenüber kniend zum Ausdruck brachten.

Der ostdeutsche FeG-Bundestag am 17. März 1990 in Adlershof hatte sich für die Zusammenführung beider Bünde ausgesprochen.


Beim Sonderbundestag am 15. Dezember 1990 folgte dann die Auflösung des Ost- Bundes der DDR. Zu sehen sind Johannes Hummel (v.l.) und der Bundesvorsteher Karl Heinz Knöppel.


Hiermit beende ich meine fünfzehnteilige Fortsetzungsreihe zu unserer Adlershofer Geschichte. Wer von den Lesern noch mehr wissen möchte, der melde sich gerne bei mir, um sich aus dem Gemeindearchiv zwei Bücher auszuleihen. Gottes Segen euch!

Klaus Ortmann