Wie sah die Situation für uns Kirchen und Gemeinden in der DDR nach dem Mauerbau am 13. August 1961 aus? Dazu ein Blick zurück!
Schon in den Anfangszeiten der DDR, ab 1950, gab es das Ministerium für Staatssicherheit. Nach dem Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 wurde der Aufbau des Ministeriums beschleunigt. Die Kirchen waren zwar offiziell anerkannt, aber der atheistische Staat hatte uns inoffiziell schon vor dem Mauerbau genauestens kontrolliert. Die Stasi überwachte aktive Christen und versuchte, in den Gemeinden informelle Mitarbeiter (IM) zu gewinnen. Über weite Strecken lebten wir ganz normal, und dachten nicht an Einschränkungen. Aber die kirchliche Jugendarbeit wurde schon zu damaligen Zeiten kontrolliert. Und man verbot Rüstzeiten und Jugendtage. Der „Jungen Gemeinde“ (evangelische Jugendarbeit) wurde vorgeworfen, eine „Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage und Spionage“ zu sein – und wurde stets misstrauisch beobachtet.
Das bekam auch unsere Gemeinde zu spüren, als eine Jugendfreizeit 1949 geplant wurde, die in Sachsen, in der Nähe von Dresden, stattfinden sollte. So mussten sich die 15 Teilnehmer in privaten Räumen treffen, und konnten nur drei Tage an einem Ort bleiben. Und die Bibelarbeiten wurden mit heimatkundlichen Filmen getarnt! Von diesen Ereignissen kann uns noch Manfred Homburg (90) erzählen, der mit dabei war.
Der Staat wollte sogar diakonische Einrichtungen der Kirche zwangsweise verstaatlichen. Durch viele Proteste der Bischöfe ließ man davon ab. Und das passierte sogar ein oder zwei Wochen vor dem 17. Juni 1953.
1955 wurde in der DDR die Jugendweihe eingeführt, um auf die Jugend mehr Einfluss zu gewinnen. Und um der Konfirmation und der Kommunion in den Kirchen etwas entgegensetzen zu können. Mit dem Bekenntnis zum sozialistischen Staat wurde die Jugendweihe sogar zu einer Art Pflichtveranstaltung.
An den Schulen der DDR wurde 1978 ein Wehrkunde-Unterricht eingeführt. 1972 wurden Privatreisen in den Westen wegen dringender Familienangelegenheiten wieder genehmigt und die Westberliner konnten uns wieder im Osten besuchen.
Die DDR hatte nach dem Mauerbau, um an Westgeld zu kommen, eine Firma in Dänemark aufgebaut (GENEX Geschenkdienst). Diese Firma lieferte durch westliche Spenden Versorgungsgüter, Autos u.a.m. in die DDR.
Als Bruder Schmidt seinen Dienst in der Gemeinde begann, versuchte er, die Genehmigung für ein Predigerhaus auf unserem Grundstück zu bekommen. Hilfe bekamen wir über das Diakonische Werk in Stuttgart, eine eigenständige Einrichtung, welche die Gelder bekam. Für unseren Westbund war sie ein Instrument, um uns zu helfen.
Hier spielte der Geschäftsführer Heinz-Adolf Ritter eine besondere Rolle. Nur ganz wenige Personen auf beiden Seiten waren in dieses diplomatisch-politische Netzwerk eingeweiht. Über diese wenigen „Schlüsselfiguren“ konnte unseren Gemeinden geholfen werden. So konnte bei uns in Adlershof (1979), aber auch in St. Gangloff/ Thüringen (1975) und in Auerbach (1980) je ein Wohnhaus errichtet werden. Die Baugeschäfte wurden über die LIMEX abgewickelt, ein staatliches Außenhandelsunternehmen, was anders nicht möglich war. Auch die spätere Freizeiteinrichtung, das „Grafe-Haus“ in Bad Klosterlausnitz, profitierte ebenso davon.
Die Handlungsmöglichkeiten unserer Gemeinden wären bedeutend geringer gewesen, wenn die finanziellen Hilfen aus Westdeutschland nicht vorhanden gewesen wären.
Klaus Ortmann