Der Mauerbau brachte für die Gemeinde erhebliche Veränderungen. Viele Arbeitsbereiche mussten neu geordnet werden. Die ideologische Beeinflussung wurde jetzt verstärkt. Das Erziehungssystem im Sinne des Staates fing schon früh an. Es ging im Kindergarten los und setzte sich bis ins Arbeits- und Berufsleben fort.
Eine Öffentlichkeitsarbeit gab es für Gemeinden und Kirchen nicht. Der Radius war auf unsere Räumlichkeiten beschränkt, da gab es den Freiraum. Westliche Bücher und Zeitschriften waren verboten. Die Kopiergeräte, die wir hatten, mussten registriert werden und waren auch nicht frei verkäuflich. Wir brauchten Druckgenehmigungen für Einladezettel und Veranstaltungen. Jeder Druck musste amtlich zugelassen werden. Die Politik der DDR konnte es jedoch nicht verhindern, dass die christlichen Kirchen und Freikirchen ein eigenständiger gesellschaftlicher Faktor blieben.
Um eine gewisse Unruhe in der Bevölkerung nach dem Mauerbau abzumildern, gab es Jahre später zwischen dem Westberliner Senat und der DDR-Regierung humanitäre Vereinbarungen. Ein erstes Passierschein-Abkommen erfolgte zur Weihnachtszeit 1963 und in den Folgejahren bis 1966. Dann gab es eine längere Pause bis 1972. Und es gab für ostdeutsche Rentner die Festlegung, dass sie ab dem 2. November 1964 nach Westberlin reisen konnten.
Weil der Sitz der Bundesgeschäftsstelle von der DDR sich hier befand, kam der Gemeinde Adlershof dabei eine Art Schlüsselstellung zu. Die Kontakte vom Ausland zu unserem Gemeindebund liefen in der Regel über Adlershof. Mit einer Unterbrechung war hier auch immer der Sitz der Leitung des DDR-Bundes. Besuchergruppen aus Ost und West trafen sich hier, wichtige Sitzungen wurden hier abgehalten und wenn es etwas mit den Dienststellen der DDR-Regierung zu regeln gab, lief alles „über Adlershof“.
So lag z.B. die Organisation der jährlichen Bundeskonferenzen in den Händen von Theodor Röger. Und Walter Böhme lud dazu die Gast-Redner aus Westdeutschland ein. Er war auch in der Leitung der Evangelischen Allianz tätig, die sich in Bad Blankenburg befand und zu den jährlichen Allianz-Konferenzen trat er oft auch als Redner auf.
Bei den jährlichen Allianz-Gebets-Wochen am Anfang eines neuen Jahres war er meistens mit dabei. Die Gebetsabende fanden in unserer Gemeinde von Montag bis Sonnabend statt, die mit den Baptisten und der evangelischen Kirche gestaltet wurden.
1966 kam die Diakonisse Hildburg Heinze zu uns, um hier als Gemeindeschwester zu arbeiten. Sie wohnte in Falkensee und betreute auch die dortige Gemeinde. Bis 1975 war sie in Adlershof tätig.
Walter Böhme übte das Amt des Bundesvorstehers bis 1967 aus, bis zu seinem 75. Lebensjahr. Danach wurde Armin Röger, Prediger der Gemeinde Falkensee, sein Nachfolger, von 1967-1975. Außerdem war er noch Schriftleiter unserer Bundes-Zeitschrift „Glaube und Dienst“ und das von 1946 bis 1980. Im Jahr 1965 konnte die Gemeinde in Zossen auf ihrem Grundstück ein in der DDR entwickeltes „Typenhaus für Erntekindergärten“ bauen lassen, wo die kleine Gemeinde ihre Veranstaltungen abhalten konnte.
Die jährlichen Bundeskonferenzen (von 1951 an) waren immer gut besucht. Es waren auch immer westdeutsche Prediger dabei, die die Wortverkündigung und Bibelarbeiten übernahmen. Im Mai 1968 wurde ohne Nennung der Gründe zwei Wochen vor Beginn alle Einreisen der westdeutschen Gäste verboten! Alle Verkündigungsdienste mussten nun unsere Prediger übernehmen.
Um unseren Mitarbeitern in den Gemeinden in Berlin und Brandenburg Möglichkeiten zur Zurüstung und Fortbildung zu schaffen, wurde in den Winterhalbjahren ab 1969 sogenannte „Rüstkurse“ eingerichtet, die hier in Adlershof stattfanden. Theodor Röger war 1971 schon 14 Jahre im Dienst und dachte über einen Predigerwechsel nach. In unserem kleinen Bund gab es immer Schwierigkeiten, wenn so etwas anstand. So zog die Familie im Herbst 1971 nach Auerbach im Vogtland und im November kam Johannes Schmidt aus Radebeul/Dresden nach Adlershof.
Klaus Ortmann