28. Februar 2023 | Geschichte

Auf die Anfänge geschaut – Teil 6

Titelbild: Bundeskonferenz, ca. 1963

Die 1950er Jahre waren von der deutschen Teilung geprägt. Die BRD wurde im Mai und die DDR im Oktober 1949 gegründet. Sie bildeten seitdem bis 1990 die beiden deutschen Teilstaaten. Berlin war schon seit dem 5. Juni 1945 in vier Besatzungszonen eingeteilt. Der freie Zugang zum westlichen Berlin war für uns Adlershofer bis zum 13. August 1961 möglich. Zwei Gemeinden befanden sich in Westberlin: Moabit und Tempelhof.

Walter Böhme, der nach dem Krieg zum Kreisvorsteher ernannt wurde, fühlte sich für die Berliner Gemeinden sowie auch für die Flüchtlinge verantwortlich und hatte neben seiner Predigertätigkeit auch die politische Situation im Blick. Nach 1949 gab es von der DDR-Regierung Druck auf Kirchen und Gemeinden. In dieser neuen Lage beschloss Walter Böhme zusammen mit Gemeindevertretern aus dem DDR-Gebiet am 16. September 1950 die Gründung des „Bundes Freier evangelischer Gemeinden in der DDR“. Der Sitz des Bundes wurde Adlershof und als Bundesvorsteher Walter Böhme gewählt.

Ein herausragendes Merkmal war in dieser Zeit die Kinderund Jugendarbeit. In der Nachkriegszeit kamen über einhundert Kinder zur Sonntagschule (Kindergottesdienst). Die Sonntagschulleiterin Erna Prüfert brauchte Mitarbeiter, unter denen Manfred Homburg einer von ihnen war (Jahrg. 1933). Unser Grundstück mit der Kapelle hatte viel Platz für die Kinder.

Die Kinder der Sonntagsschule mit Tante Erna, 1949

Schwierig war es, eine Gemeindeschwester zu bekommen, die die Älteren betreuen konnte. So kam die Diakonisse Anni Scheffler im April 1948 aus Solingen nach Berlin, aber nur für kurze Zeit. Ab 1956 hatten wir Ruth Janzen bei uns, eine Diakonisse aus Fürstenwalde. Da es keine Zuzugsgenehmig-ung für sie gab – staatliche Stellen regelten den Zuzug von Nichtberliner –, bekam sie erst 1961 eine Wohnung in Adlershof. Drei Tage in der Woche war sie in Adlershof, die anderen Tage war sie in Fürstenwalde tätig. Außerdem hielt sie noch Kinderstunden, gab Gitarrenunterricht und sang auch im Chor mit.

Der gemischte Chor mit Siegfried Zahlmann, 1982

Die Chorarbeit konnte weitergeführt werden. Unsere Dirigenten nach dem Krieg waren Günter Kuschke, Walter Bachmann und ab 1960 Siegfried Zahlmann. Die Gruppe vergrößerte sich und hatte in den 1970er Jahren bis zu 35 Sänger. Zeitweise gab es einen Männerchor. 1972 fand das 50jährige und 1982 das 60jährige Chorjubiläum statt.

Der Höhepunkt im Jahresablauf der Gemeinde war die jährliche Bundeskonferenz, davor gab es den Bundestag für Prediger, Älteste und Mitarbeiter. Für die angereiste Jugend gab es einen speziellen Jugendgottesdienst. Aus den Gemeinden kamen viele Gäste, aus Westdeutschland und dem Ausland. Für die Veranstaltungen konnten wir die evangelische „Verklärungskirche“ im Ort bekommen, um die vielen Teilnehmer unterbringen zu können.

Klaus Ortmann