30. April 2022 | Geschichte

Auf die Anfänge geschaut – Teil 1

Freie evangelische Gemeinde Berlin–Adlershof

Als ein Kreis von gläubigen Christen am 1. Juli 1914 die Gemeinde in Adlershof gründete, gab es in Deutschland 60 Jahre zuvor die erste Freie evangelische Gemeinde. 1854 wurde sie von Hermann Heinrich Grafe in Wuppertal gegründet.

Diese „Freien Gemeinden“ wurden zu damaligen Zeiten misstrauisch von der Evangelischen Kirche beobachtet, weil sie sich eigenständig entwickelten. Diese Gemeinden wollten frei sein von jeder Bevormundung durch Staat und Kirche und nannten sich deshalb „Freie evangelische Gemeinden“! Diese Freiheit, die sich diese Gemeinden nahmen, mussten sie sich durch Verfolgungen und Repressionen erkämpfen. Das geschah aber nicht nur gegen uns, sondern auch anderen freien Gemeinden, wie z.B. gegen Baptisten u.a. Um die Jahrhundertwende entstanden in Berlin 1899 die erste Freie evangelische Gemeinde in Moabit, 1906 in Tempelhof und 1908 in Baumschulenweg. Hier in Adlershof hat Oswin Heimer in der Zinsgutstraße, in seiner Wohnung 1911 mit Bibelstunden angefangen. Bei diesen Versammlungen sind Menschen zum Glauben gekommen. Als sich der Kreis vergrößerte, mietete man in der Friedenstraße neue Räumlichkeiten.

Paul Langeheineck

Paul Langeheinecke

1914 zog Paul Langeheinecke mit seiner Familie nach Adlershof. Langeheinecke, 1882 in Berlin geboren, ursprünglich ein Bankangestellter, hatte sich als Missionar ausbilden lassen. Er bekam 1911 aber keine Einreise nach Usbekistan. So arbeitete er wieder in seinem Beruf und übernahm neben seiner Arbeit Verkündigungsdienste.

In Adlershof lernte die Familie Oswin Heimer den Kreis der Gläubigen kennen. Hier hatte nun Langeheinecke einen Ort gefunden, wo er sich einbrachte undregelmäßig Verkündigungsdienste übernahm. Durch Kontakte zur Gemeinde in Moabit und deren Gründer Engelhard Ostermoor hatte sich Paul Langeheinecke entschlossen, die Gemeinde ab 1. Juli als Prediger zu leiten. Einen Monat später, den 1. August 1914, brach der 1. Weltkrieg aus, was für Langeheinecke 1916 Einziehung zum Militär und lange Abwesenheit von Adlershof bedeutete. Zuvor kam man als Gruppe in der Arndtstraße, in der Wohnung von Langeheineckes zusammen.

In der Zwischenzeit war die Sonntagschulgruppe beträchtlich gewachsen, und die Gemeinde musste die Wohnungsversammlung aufgeben. Oswin Heimer mietete 1918 einen größeren Raum in der Feldherrnstraße (heute Stienitzseestraße), wo die Gemeinde mit den Kindern den benötigten Freiraum hatten. So fand Paul Langeheinecke die Arbeit vor, als er Ende 1918 nach Adlershof zurück kam.

Kurz danach erkrankte er an einer schweren Grippe. Seit dieser Zeit war er nie ohne Beschwerden gewesen. 1919 fand in den neuen Räumlichkeiten eine Evangelisation mit Ostermoor statt. Im Jahr 1920 schloss sich die Gemeinde mit ihren 18 Mitgliedern dem Bund Freier evangelischer Gemeinden an. Seit Paul Langeheinecke in Adlershof tätig war, wurde der Geschwisterkreis von Baumschulenweg mit betreut. Bedingt durch die zunehmende Gemeindearbeit, gab er Ende 1920 seine Stellung bei der Bank auf.

1920 war auch das Jahr, wo sich Berlin „weiterentwickelt“ hat. Berlin, wie wir es heute kennen, gibt es erst seit 102 Jahren! Inmitten einer Dörfer- und Städtelandschaft gelegen, ist am 27. April 1920 ein Gesetz in Kraft getreten, das den Weg zu einer Einheitsgemeinde freimachte. Mit geringen Korrekturen gelten die Grenzen der damaligen Verwaltungsbezirke bis heute.

Klaus Ortmann

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Mehr über die Geschichte unserer Gemeinde:
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Die „Sonntagsschule der christl. Gemeinde Adlershof“ 1917 in der Feldherrenstraße. Hinter den Kindern die beiden Schulhelferinnen und Oswin Heimer. Das Bild ist das älteste, welches sich in unserem Archiv befindet.