30. Juni 2020 | Andacht

Was bedeutet Gottesdienst?

Leitgedanken Juli-August 2020

Erst wurden sie verboten, jetzt finden sie wieder statt; erst mit Gesang, dann ohne – aber immer mit Abstand. Das, was wir landläufig als Gottesdienst bezeichnen, hat sich zwischenzeitlich sehr verändert. Aber trifft diese Bezeichnung eigentlich das, was die Bibel meint?

In Römer 12,1 schreibt der Apostel Paulus: „Ich habe euch vor Augen geführt, Geschwister, wie groß Gottes Erbarmen ist. Die einzige angemessene Antwort darauf ist die, dass ihr euch mit eurem ganzen Leben Gott zur Verfügung stellt und euch ihm als ein lebendiges und heiliges Opfer darbringt, an dem er Freude hat. Das ist der wahre Gottesdienst, und dazu fordere ich euch auf.“

Wahrscheinlich war diese Aussage auch schon damals ähnlich provokant, wie wir sie möglicherweise heute empfinden. Eine gute Predigt, Gebet und Gesang machen noch keinen Gottesdienst – es geht um mehr. Es geht um das ganze Leben. Natürlich ist dies keine neue Erkenntnis. Aber wie wird sie mit Leben gefüllt? Dieses Lebenskonzept widerspricht völlig dem weltlichen Mainstream, in dem das eigene ICH im Zentrum steht. Doch unser oberstes Ziel sollte sein, ein Leben zu führen, an dem Gott Freude hat. Das bedeutet, Opfer zu bringen, aus der Komfortzone auszubrechen und sich von Gott in für uns vielleicht auf den ersten Blick unbequeme Situationen bringen zu lassen. Aber ich bin überzeugt, dass dieses Leben auch eine nachhaltigere Erfüllung bringt.

Was das für jeden Einzelnen bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein. Doch ein Gebot gilt auf jeden Fall uns allen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand!‹ Und: ›Du sollst deine Mitmenschen lieben wie dich selbst!‹“ (Lukas 10,27) Dieser Dreiklang der Liebe ist stets zusammen zu sehen. Und er zeigt eine wichtige Balance auf: Gottes Liebe, Nächstenliebe und Selbstliebe gehören zusammen. Wer Gottes Erbarmen erfahren hat, darf sich selbst lieben und kann gefestigt dann auch seinem Nächsten Liebe zeigen. Selbstverachtung ist genauso wenig angebracht wie die Verachtung eines Nächsten. Wenn dieses Wissen in Liebestaten mündet, wird es unseren Alltag und den unserer Mitmenschen verändern. Das ist wahrer Gottesdienst!

PS: Nichtsdestotrotz freuen wir uns auf ein Wiedersehen in unseren sonntäglichen Gottesdiensten – bald hoffentlich auch wieder mit Kindergottesdienst für alle Kinder.

Tobias-Benjamin Ottmar